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Geburtsschäden der Mutter: Schmerzensgeld

Das Wichtigste im Überblick

  • Schmerzensgeld für die Mutter: Bei Geburtsschäden durch ärztliche Behandlungsfehler haben betroffene Mütter eigenständige Ansprüche auf Schmerzensgeld und Schadensersatz nach § 823 BGB
  • Rechtliche Besonderheiten: Neben körperlichen Verletzungen können auch psychische Folgeschäden durch das Erleben der Schädigung des eigenen Kindes ersatzfähig sein
  • Beweislast: Die Darlegung eines Behandlungsfehlers und des Kausalzusammenhangs obliegt grundsätzlich der geschädigten Mutter, wobei Beweiserleichterungen greifen können

Die rechtliche Dimension von Geburtsschäden

Eine Geburt sollte ein freudiges Ereignis sein, das den Beginn eines neuen Lebens markiert. Doch wenn während der Entbindung Behandlungsfehler auftreten, die zu Schäden bei Mutter oder Kind führen, wandelt sich die Freude schnell in Sorge und Verzweiflung. Während die Aufmerksamkeit oft primär auf die Schädigungen des Neugeborenen gerichtet ist, werden die Rechte der Mutter als eigenständige Patientin häufig übersehen.

Geburtsschäden der Mutter durch ärztliche Behandlungsfehler stellen einen komplexen Bereich des Medizinrechts dar, der sowohl körperliche als auch psychische Dimensionen umfasst. Die betroffenen Frauen haben eigenständige Ansprüche, die unabhängig von eventuellen Schädigungen des Kindes geltend gemacht werden können.

Die rechtliche Aufarbeitung solcher Fälle erfordert nicht nur medizinische Expertise, sondern auch ein tiefes Verständnis für die besonderen Herausforderungen, denen sich Mütter in dieser Situation gegenübersehen. Der emotionale Stress, der durch das Erleben einer traumatischen Geburt entsteht, kann langanhaltende Folgen haben und ist rechtlich relevant.

Rechtliche Grundlagen des Schmerzensgeldanspruchs

Anspruchsgrundlagen nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch

Der Schmerzensgeldanspruch der Mutter bei Geburtsschäden basiert primär auf § 823 Abs. 1 BGB in Verbindung mit § 253 Abs. 2 BGB. Diese Vorschriften regeln die Haftung für unerlaubte Handlungen und die Kompensation immaterieller Schäden.

§ 823 Abs. 1 BGB besagt, dass derjenige, der vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet ist. Im medizinischen Kontext bedeutet dies, dass ein Arzt oder eine Klinik haftet, wenn durch eine nicht kunstgerechte Behandlung die Gesundheit der Patientin geschädigt wird.

§ 253 Abs. 2 BGB konkretisiert den Anspruch auf Schmerzensgeld: „Ist wegen einer Verletzung des Körpers, der Gesundheit, der Freiheit oder der sexuellen Selbstbestimmung Schadensersatz zu leisten, kann auch wegen des Schadens, der nicht Vermögensschaden ist, eine billige Entschädigung in Geld gefordert werden.“

Besondere Herausforderungen bei Geburtsschäden der Mutter

Psychische Schäden durch Miterleben

Ein wesentlicher Aspekt bei Geburtsschäden der Mutter ist die Berücksichtigung psychischer Folgeschäden, die entstehen können, wenn die Mutter miterleben muss, wie ihr Kind durch einen Behandlungsfehler geschädigt wird.

Abgrenzung zu Schäden des Kindes

Wichtig ist die klare rechtliche Abgrenzung zwischen den Ansprüchen der Mutter und denen des geschädigten Kindes. Beide sind eigenständige Patienten mit eigenen Rechten. Die Mutter kann ihre Ansprüche unabhängig davon geltend machen, ob für das Kind Schadenersatzansprüche entstanden sind oder nicht.

Diese Unterscheidung ist nicht nur rechtlich relevant, sondern auch für die praktische Durchsetzung der Ansprüche von Bedeutung. Die Schäden der Mutter können andere Ursachen haben und andere medizinische Gesichtspunkte betreffen als die Schädigungen des Kindes.

Praktische Tipps für betroffene Mütter

Dokumentation und Beweissicherung

Die Dokumentation des Behandlungsverlaufs ist für die spätere rechtliche Bewertung von entscheidender Bedeutung. Betroffene Mütter sollten alle verfügbaren medizinischen Unterlagen sammeln und sichern. Dazu gehören nicht nur die unmittelbaren Geburtsdokumente, sondern auch alle Vorsorgeuntersuchungen, CTG-Aufzeichnungen und nachfolgenden Behandlungsberichte.

Darüber hinaus ist es ratsam, zeitnah nach dem Ereignis eine detaillierte Schilderung des Geschehens anzufertigen, solange die Erinnerungen noch frisch sind. Auch Zeugenaussagen von anwesenden Familienangehörigen oder anderen Personen können später von Bedeutung sein.

Medizinische Nachbehandlung und Schadensminderung

Betroffene Mütter sollten alle erforderlichen medizinischen Maßnahmen zur Behandlung ihrer Verletzungen in Anspruch nehmen. Dies dient nicht nur der eigenen Gesundheit, sondern auch der rechtlichen Dokumentation des Schadensverlaufs. 

Psychische Beeinträchtigungen sollten ebenfalls ernst genommen und professionell behandelt werden. Eine frühzeitige psychotherapeutische Intervention kann nicht nur das persönliche Leiden lindern, sondern auch die Dokumentation psychischer Folgeschäden unterstützen.

Rechtliche Beratung und Verjährungsfristen

Die Inanspruchnahme spezialisierter rechtlicher Beratung ist bei Verdacht auf einen Behandlungsfehler dringend zu empfehlen. Die rechtliche Bewertung geburtshilflicher Behandlungsfehler erfordert sowohl medizinische als auch juristische Fachkenntnisse, die nur durch entsprechende Spezialisierung erworben werden können.

Dabei sollten die Verjährungsfristen im Blick behalten werden. Grundsätzlich verjähren Schmerzensgeldansprüche drei Jahre nach Kenntnis des Schadens und des Schädigers. In komplexen medizinischen Sachverhalten kann die Bestimmung des Verjährungsbeginns jedoch schwierig sein, da die Zurechenbarkeit des Schadens zu einem Behandlungsfehler oft erst durch medizinische Aufarbeitung erkennbar wird.

Bewertung und Bemessung des Schmerzensgeldes

Faktoren der Schmerzensgeldbestimmung

Die Höhe des Schmerzensgeldes richtet sich nach verschiedenen Faktoren, die im Einzelfall zu bewerten sind. Zu berücksichtigen sind insbesondere die Schwere und Dauer der körperlichen Beeinträchtigungen, die Intensität der Schmerzen, die psychischen Belastungen sowie die Auswirkungen auf die Lebensführung.

Bei Geburtsschäden spielen oft langfristige Funktionsbeeinträchtigungen eine Rolle, die sich auf die Intimsphäre und das Familienleben auswirken können. Solche Beeinträchtigungen werden in der Schmerzensgeldbestimmung besonders gewichtet, da sie die persönliche Lebensqualität erheblich beeinträchtigen können.

Die Rechtsprechung berücksichtigt auch die besonderen Umstände des Einzelfalls, wie etwa das Alter der betroffenen Mutter, geplante weitere Schwangerschaften oder die beruflichen Auswirkungen der Verletzungen. Psychische Folgeschäden, die sich aus dem Miterleben der Schädigung des eigenen Kindes ergeben, werden als eigenständige Schadenspositionen bewertet.

Beweislast und medizinische Gutachten

Die Beweislast für das Vorliegen eines Behandlungsfehlers und den daraus resultierenden Schaden trägt grundsätzlich die geschädigte Patientin. In der Praxis bedeutet dies, dass durch medizinische Sachverständigengutachten der Nachweis zu führen ist, dass ein Fehler in der Behandlung vorlag und dieser kausal für den eingetretenen Schaden war.

Bei der Auswahl von Sachverständigen ist darauf zu achten, dass diese über spezielle Kenntnisse in der Geburtshilfe verfügen und mit den aktuellen medizinischen Standards vertraut sind. Die Qualität des Gutachtens ist oft entscheidend für den Ausgang des Verfahrens.

In bestimmten Konstellationen können sich Beweiserleichterungen ergeben, etwa bei groben Behandlungsfehlern oder bei Verletzung der Dokumentationspflicht. Diese rechtlichen Instrumente können die Durchsetzung von Ansprüchen erheblich erleichtern.

Checkliste für betroffene Mütter

Sofortmaßnahmen nach einem vermuteten Behandlungsfehler:

  • Vollständige Patientenakte bei der behandelnden Einrichtung anfordern
  • Alle medizinischen Unterlagen, Befunde und Behandlungsberichte sammeln
  • Detaillierte schriftliche Darstellung des Behandlungsverlaufs aus eigener Sicht erstellen
  • Kontaktdaten von Zeugen (Familienangehörige, Pflegepersonal) notieren
  • Fotografische Dokumentation von sichtbaren Verletzungen
  • Medizinische Nachbehandlung konsequent wahrnehmen und dokumentieren

Rechtliche Schritte:

  • Spezialisierte anwaltliche Beratung in Anspruch nehmen
  • Verjährungsfristen im Blick behalten (grundsätzlich drei Jahre)
  • Prüfung einer außergerichtlichen Klärung mit der Haftpflichtversicherung
  • Bei psychischen Belastungen professionelle Hilfe suchen
  • Kosten für medizinische Behandlungen und Gutachten dokumentieren
  • Kontinuierliche Kommunikation mit der rechtlichen Vertretung sicherstellen

Langfristige Dokumentation:

  • Behandlungsverlauf und Heilungsprozess fortlaufend dokumentieren
  • Auswirkungen auf Berufs- und Privatleben festhalten
  • Kosten für notwendige Behandlungen und Hilfsmittel sammeln
  • Regelmäßige medizinische Kontrolluntersuchungen wahrnehmen

Ihre Rechte als Mutter durchsetzen

Geburtsschäden der Mutter durch ärztliche Behandlungsfehler sind ein komplexes Rechtsgebiet, das sowohl medizinische als auch juristische Expertise erfordert. Betroffene Frauen haben eigenständige Rechte, die unabhängig von eventuellen Schädigungen des Kindes geltend gemacht werden können.

Die erfolgreiche Durchsetzung von Schmerzensgeld- und Schadensersatzansprüchen hängt wesentlich von einer sorgfältigen Aufarbeitung des Sachverhalts, der Qualität der medizinischen Begutachtung und der rechtlichen Strategie ab. Dabei ist es wichtig, frühzeitig professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen und die notwendigen Beweismittel zu sichern.

Wenn Sie den Verdacht haben, dass Sie oder Ihr Kind durch einen Behandlungsfehler während der Geburt geschädigt wurden, zögern Sie nicht, Ihre Rechte zu prüfen. Eine spezialisierte rechtliche Beratung kann Ihnen helfen, Ihre Ansprüche zu bewerten und durchzusetzen.


Häufig gestellte Fragen

Ja, Sie haben als Mutter eigenständige Ansprüche auf Schmerzensgeld, wenn Sie selbst durch einen Behandlungsfehler geschädigt wurden. Dies gilt sowohl für körperliche Verletzungen als auch für psychische Beeinträchtigungen, die durch das traumatische Erleben der Schädigung Ihres Kindes entstanden sind.

Die Höhe des Schmerzensgeldes hängt von verschiedenen Faktoren ab, insbesondere der Schwere der Verletzungen, der Dauer der Beeinträchtigung und den Auswirkungen auf die Lebensqualität. Gerne beraten wir Sie diesbezüglich im Detail.

Schmerzensgeldansprüche verjähren grundsätzlich drei Jahre nach Kenntnis des Schadens und des Schädigers (§ 195, 199 BGB). Da die Zurechnung eines Schadens zu einem Behandlungsfehler oft erst durch medizinische Aufarbeitung erkennbar wird, kann der Verjährungsbeginn in komplexen Fällen später liegen.

Die Kosten für medizinische Gutachten sind grundsätzlich vom Auftraggeber zu tragen.Eine Rechtsschutzversicherung kann ebenfalls die Kosten übernehmen.

Ja, psychische Schäden sind grundsätzlich ersatzfähig, wenn sie die Schwelle zu einer behandlungsbedürftigen Gesundheitsbeeinträchtigung überschreiten. Das traumatische Erleben einer komplikationsreichen Geburt kann zu ersatzfähigen psychischen Folgeschäden führen.

Der Nachweis eines Behandlungsfehlers erfolgt in der Regel durch medizinische Sachverständigengutachten. Dabei ist darzulegen, dass die Behandlung nicht dem medizinischen Standard entsprach und kausal für den eingetretenen Schaden war. Die Beweislast trägt grundsätzlich die geschädigte Patientin.

Ja, viele Fälle werden außergerichtlich mit der Haftpflichtversicherung des behandelnden Arztes oder der Klinik geregelt. Dies kann Zeit und Kosten sparen. Voraussetzung ist jedoch eine fundierte rechtliche und medizinische Aufarbeitung des Falls.

Für die Prüfung benötigen Sie die vollständige Patientenakte, alle medizinischen Befunde und Behandlungsberichte sowie eine detaillierte Schilderung des Behandlungsverlaufs. CTG-Aufzeichnungen, Operationsberichte und Nachbehandlungsunterlagen sind besonders wichtig.

Ja, neben dem Schmerzensgeld können auch materielle Schäden wie Verdienstausfall, Behandlungskosten oder Kosten für Haushaltshilfen geltend gemacht werden. Diese werden gesondert vom Schmerzensgeld berechnet und erstattet.

Suchen Sie gezielt nach Anwälten, die sich auf Medizinrecht und insbesondere auf Behandlungsfehler spezialisiert haben. Eine ausschließliche Tätigkeit in diesem Bereich und entsprechende Erfahrung mit geburtshilflichen Sachverhalten sind wichtige Auswahlkriterien für eine erfolgreiche Mandatsführung.

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